Wie das lange „i“ mich fast zum Verzweifeln brachte

von | 21. Nov 2016 | Rechtschreibung und Grammatik, Sprache

„Warum schreibt man eigentlich Ventil nur mit einem -i, aber Biene mit -ie und ihr mit -ih?“ Diese Frage hat mir vor einigen Wochen ein Freund gestellt. Ich gebe es zu, darüber habe ich mir nie wirklich Gedanken gemacht. Nach dem Gespräch mit meinem Freund aber dafür umso mehr. Die Frage ist nämlich durchaus berechtigt. „Und woher weiß ich, wann ich ein Wort wie schreiben muss?“ Diese zweite Frage hat mich dann allerdings fast zum Verzweifeln gebracht. 

Die Grundregel für das lang gesprochene „i“ lautet: Wenn es ein langes i ist, dann wird es -ie geschrieben. Allerdings stimmt das so nicht ganz, denn da fallen ganz viele Wörter einfach raus, vom Tiger über das Klima bis hin zum oben genannten Ventil. Und dann gibt’s ja auch noch die Wörter mit -ih, au weia. Ich will trotzdem versuchen, es mal ganz einfach runterzubrechen – mit dem Hinweis versehen, dass es grade in diesem Fall immer Ausnahmen gibt.

Einfach, aber selten: -ih und -ieh

Fangen wir mit dem einfachen, wenngleich auch seltenen Fall -ih an. Das kommt nämlich tatsächlich nur bei den Wörtern „ihr“, „ihm“, „ihnen“ etc. vor. Und die sind für die meisten gar kein Problem. Dann gibt’s noch -ieh, was aber auch eher selten ist. Hier haben wir „Vieh“, das einzige Nomen mit -ieh. Ansonsten kommt diese Form bei Verben vor, die in ihrer Grundform -eh in der Mitte haben. Anschaulich wird’s durch ein Beispiel: stehlen – er stiehlt, empfehlen – sie empfiehlt. Ein paar Verben gibt’s auch mit -ieh in der Grundform: fliehen, wiehern, ziehen. Auch hier sehe ich für die überwiegende Mehrheit kein Problem beim Schreiben.

Ausnahmen bestimmen die Regel bei -ie und -i

Also bleibt die Frage nach -i oder -ie. Und in diesem Fall muss ich dir wirklich alle Hoffnung nehmen, ist die deutsche Sprache verdammt schwer! Weil nämlich selbst der Duden so schwammige Formulierungen hat wie „Wenige einheimische Wörter und eingebürgerte Entlehnungen mit dem langen Vokal [ i: ] s chreibt man ausnahmsweise mit i .“ Na danke fürs Gespräch! Ich versuche trotzdem mal, so weit zu vereinfachen, dass du in den meisten Fällen auf der sicheren Seite bist. Also:

  • Kommt ein lang gesprochenes i in der ersten Silbe eines Wortes vor und folgt darauf kein Vokal, dann schreibt man meistens -ie. Beispiele: Biene, Ziege, Liebe. Ausnahmen sind zum Beispiel: Tiger, Bibel, Fibel – hier bleibt nur, sie auswendig zu lernen.
  • Wörter mit langem „i“ in der ersten Silbe, die in der zweiten Silbe kein -e haben, schreibt man nur mit -i. Beispiel: Klima, Kino
  • Fremdsprachige Wörter oder Wörter, die ursprünglich nicht aus dem Deutschen kommen, haben beim langen i ein -ie am Wortende. Beispiele: Batterie, Scharnier, probieren
  • Wörter mit mehr als zwei Silben, bei denen das lange „i“ nicht in der ersten Silbe vorkommt, schreibt man nur mit -i. Beispiele: Lawine, Apfelsine, Krokodil
  • Ist bei einem Wort die zweite Silbe betont und enthält ein „i“, dann schreibt man es auch mit -i. Beispiel: Ventil, Musik, Benzin, Kantine, stabil; eine Ausnahme wäre hier das Klavier, was aber wiederum zu der Regel mit den Fremdsprachigen Wörtern passt.

Du siehst, es ist tatsächlich ziemlich kompliziert mit dem „i“. Und auch der Duden ist da gar keine große Hilfe, wenn’s darum geht, die entsprechenden Regeln zu erklären – es gibt einfach zu viele Ausnahmen. Weil ich das aber furchtbar unbefriedigend fand, hab ich recherchiert, ob’s da nicht noch eine bessere Erklärung gibt.

Mit Hilfe der Silben -i und -ie ermitteln

Und ich habe tatsächlich was gefunden. Das richtet sich zwar eigentlich an Kinder, und auch hier gibt es immer noch viele Ausnahmen zu den Regeln. Aber die Regeln, die es gibt, und die ich teilweise für diesen Artikel auch übernommen habe, sind tatsächlich verständlich. Und zwar handelt es sich dabei um das Abc der Tiere, eine für Kinder entwickelte Methode, um lesen und schreiben zu lernen. Grundlage dieser Methode sind die Silben.

Ach, vergiss es doch einfach!

Mein Geheimtipp an dich ist aber: Scheiß auf die Regeln! Nein, ich meine damit nicht, dass du sie nicht beachten sollst. Aber ganz ehrlich, überleg mal: In der Zeit, in der du all die Regeln zur Rechtschreibung auswendig lernst, wie viel könntest du da lesen? Und das ist für mich immer noch der beste Weg, um die eigene Schreibe zu verbessern. Sowohl was Rechtschreibung und Grammatik anbelangt, als auch was den Schreibstil anbelangt. Deshalb nimm dir doch bei dem trüben Herbstwetter mal wieder ein gutes Buch vor, wie wär’s? Dazu hätte ich auch gleich noch eine Frage: Weil ich ja immer wieder sagen, du sollst möglichst viel lesen, soll ich denn auch mal Lese-Empfehlungen hier veröffentlichen? Oder ist das eher weniger interessant? Lass mir doch einfach einen Kommentar da!

1 Kommentar

  1. Liebe Elke,

    danke, dass du Licht ins Dunkel gebracht hast 😉 Und das auf so witzige Art und Weise, ein echt gelungener Artikel.

    Lese-Empfehlungen? Immer her damit!

    Liebe Grüße
    Carina

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

federführend