Im Sommer 2015 saß ich bei einem Business-Treffen mit den tollen Mädels von Frau im Business. Und dabei fiel der Satz „Ich bin relativ gut in WordPress.“ Nein, dachte ich mir, du bist nicht relativ gut. Du bist gut. Punkt. Ausrufezeichen! Denn ich durfte schon am eigenen Leib (bzw. der eigenen Website) erfahren, dass Maria Fritsch von C-Brain sich sehr gut mit WordPress auskennt, sie hat mir ganz schnell und unkonventionell bei einem Problem geholfen.
Und genau das habe ich dann auch so in die Runde geworfen. Es war der Ansporn für mich, auch meine eigene Wortwahl mal unter die Lupe zu nehmen. Und zwar sowohl das geschriebene als auch das gesprochene Wort, im beruflichen und im privaten Umfeld. Also kein „vielleicht“ und „relativ“ und „ein bisschen“, kein „sollte“, „müsste“ und „könnte“, sondern „ich bin gut darin“, „wir müssen das und das machen“ und „ich tue“.
Klar kommunizieren – ein Selbstversuch
Rund drei Monate ist das nun her, heute möchte ich über diesen Selbstversuch berichten. Was hat’s mir gebracht? Welche Erkenntnisse habe ich erlangt? Hat sich etwas verbessert? Hier mal ein paar Beispiele, bei denen ich mich selbst korrigiert habe:
# Blog-Artikel: „Diese kleine Artikel-Serie“ – korrgiert zu „diese Artikel-Serie“. Ja, es sind nur drei Artikel. Und ja, das ist jetzt nicht riesig viel. Aber eine Artikel-Serie ist es trotzdem. Und wieso sollte ich mich bzw. meine Blog-Beiträge mit dem Wörtchen „klein“ kleiner machen als nötig? (Wer mich kennt weiß, dass ich ohnehin ein laufender Meter bin – aber ich stehe dazu. Nur unnötig kleiner machen, das muss dann doch nicht sein.)
# E-Mail an einen potentiellen Kunden: „Ich könnte mir das gut vorstellen“ – geändert in „Ich kann mir das gut vorstellen.“ Ist auch so, ich könnte nicht nur, sondern kann tatsächlich. Also sollte man es doch auch so schreiben.
# Zu meinem Mann: „Man sollte mal die Holzkiste füllen, wenn’s jetzt so kalt ist.“ Nee, sollte man nicht. Also weder „sollte“ noch „man“, sondern „muss“ und „du“. Nun kommt es nicht sonderlich gut an wenn man sagt „Du musst die Holzkiste füllen.“ In dem Fall habe ich das schon etwas diplomatischer ausgedrückt mit „Füllst du dann bitte noch die Holzkiste auf bevor wir essen?“ Und es hat funktioniert.
# Himmelherrgottnochmal! Heute (10.11.) gibt’s mal eine dicke Rüge für mich selbst. Ich poste einen Wissensbaum in einer Facebook-Gruppe mit den Worten „Hier mein Bäumchen“ – nein, verdammt, nein! Es ist ein Baum, ein Baum, ein BAUM. Denn auch wenn andere größer und umfangreicher und vielfältiger sein mögen, auch in meinem Baum steht jede Menge drin und wenn ich so drüber nachdenke, dann hab ich doch schon einiges gemacht.
# Bei einem geschäftlichen Kaffeeklatsch zum Kennenlernen auf die Frage „Und was genau machen Sie eigentlich?“ geantwortet mit „Ich bin die Frau für alle Fälle, wenn’s um Texte geht.“ Danach habe ich noch etwas genauer ausgeführt, was ich damit meine und was ich konkret mache. Ich bin mir aber sicher, dass allein durch meine kurze Beschreibung meine Tätigkeit und ich selbst als Person gut bei der Kollegin (im Sinne von: auch selbstständig) im Kopf verankert sind.
Mein Selbstversuch läuft ja nun schon eine Weile, und ich stelle immer wieder fest, dass er tatsächlich Früchte zeigt. Viel seltener nutze ich einschränkende Worte wie „ein bisschen“, „vielleicht“ oder „sollte“. Klar, es gibt immer wieder Rückschläge, und natürlich auch Situationen, in denen diese Wörter angebracht sind. Aber heute bin ich dafür viel stärker sensibilisiert und korrigiere mich immer wieder, wenn nötig. Und ich stelle fest: Eine klare Aussage, ohne einschränkendes Beiwerk, ohne wenn und aber, ohne vielleicht zu treffen fühlt sich auch verdammt gut an!
Männer machen das nicht
In meinen Augen ist es ein typisch weibliches Problem, dass man Dinge kleiner macht, dass man den Konjunktiv benutzt oder Aussagen abschwächt. Und weil es so gut dazu passt, möchte ich jetzt noch ein bisschen weiter ausholen.
Durch Elisa Zunder bin ich auf einen Artikel bei Edition F aufmerksam geworden, der in eine ähnliche Richtung geht. In diesem Fall geht es um die Wortwahl bei Berufsbezeichnungen, und dass sie bei Frauen oft abwertend ist. Auch hier finde ich mich wieder. Als ich in die Selbstständigkeit gestartet bin, habe ich mich oft als „PR-Tussi“ bezeichnet. Bereits damals war meine beste Freundin darüber überaus schockiert, ich fand es irgendwie witzig. Heute denke ich darüber anders.
Abwertende Berufsbezeichnung – und auch noch selbst gewählt
Aus der PR-Tussi wurde im Laufe der Zeit das Mädchen für alles und inzwischen die Frau für alle Fälle, wenn’s um Texte geht. Das ist zwar immer noch breit gefasst, aber schon sehr viel klarer und vor allem weder abwertend noch klein machend. Es drückt genau das aus, was ich mache, in all seinen Facetten. (Okay, ein bisschen erklären muss man wohl schon noch, aber wenn ich’s kurz und knapp in einem Satz auf den Punkt bringen muss, dann passt es.)
Wer wollen wir sein?
Im letzten Abschnitt schreibt die Verfasserin des Artikels bei Edition F, Nora-Vanessa Wohlert, einen klugen Satz: „Wir sollten nachdenken darüber, wer wir sein wollen.“ Sie meint, dass wir uns nicht über das Geschlecht definieren sollen, sondern darüber, was – oder besser gesagt: wer wir sein wollen. Zu diesem Schritt gehört auch eine Portion Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Und wiederum ein Teil dessen ist auch unsere Wortwahl, die Art und Weise, wie wir kommunizieren. (Dazu gibt es sehr spannende soziolinguistische Studien, wer sich dafür interessiert sollte einfach mal nach „Soziolinguistik Männer Frauen“ googeln – wenn ich meine Hausarbeit zu diesem Thema noch irgendwo finde, dann stelle ich sie euch noch zum Download zur Verfügung, unglaublich spannendes Thema!)
Geschlechtertypische Stärken nutzen und Schwächen kennen
Ich muss dazu sagen, dass ich der Aussage „Wir sollten uns nicht über unser Geschlecht definieren“ nur teilweise zustimme. Ich halte nichts vom Gender-Einheitsbrei. Wenn wir es uns zunutze machen können, dann sollten wir uns auch über unsere Weiblichkeit definieren und unsere Stärken ausspielen (und uns über unsere Schwächen bewusst sein) – aber das ist meine persönliche Meinung, und die hier näher auszuführen, das würde eindeutig den Rahmen sprengen und wäre auch nicht angebracht.
Allerdings bin ich sehr wohl der Ansicht, dass man sich bewusst sein sollte, was zum Beispiel typisch weibliche Eigenschaften sind, und diese dann zum eigenen Vorteil nutzen. Und mir ist auch klar, dass wir Frauen, wenn wir uns in einem männerdominierten Umfeld bewegen, uns ein gutes Stück weit anpassen müssen, sonst gehen wir in der Macho-Welt der Männer unter. (Und das, liebe Männer, ist jetzt wirklich nicht böse gemeint!)
Welchen Dienstleister hätten Sie denn gerne?
Stellt euch vor, ihr nehmt eine Beratung von einem potentiellen Dienstleister in Anspruch. Der erste sagt euch „Da sollte man vielleicht mal nach X und Y schauen, ob man da was machen kann.“ Der zweite Dienstleister meint „X und Y müssen auf jeden Fall überarbeitet werden.“ Für welchen entscheidet ihr euch? Ich persönlich würde aus Antwort 1 herauslesen „Ich bin unsicher, ich weiß nicht, ob das nötig ist und ob ich das kann.“ Antwort 2 hingegen sagt mir „Da hat sich jemand was angeschaut und bringt die Schwachstellen auf den Punkt, die können wir jetzt gemeinsam ausmerzen.“
Macht den Selbstversuch!
In diese Kerbe schlagen auch Stella Damm und Petra Czanik von Solebenwieichwill mit ihrem Artikel „Bremsen Sie sich aus? Wie achtlos Dahingesagtes und negativ beeinflussen kann“. Ihr seht, das Thema beschäftigt viele von uns, manche sicherlich auch unbewusst. Mein Tipp an euch: Startet doch auch mal einen Selbstversuch. Nehmt eure Wortwahl einfach mal etwas genauer unter die Lupe. Achtet nicht nur darauf, was ihr sagt, sondern auch wie ihr es sagt (oder schreibt). Und hinterlasst mir doch einen Kommentar, wie es euch damit ergangen ist – ich bin gespannt!
JAAAAAAA !!!! Du hast soooooooooo recht. Und wie oft tun wir es (vor allem wir Frauen …) – um so wichtiger ist es, darauf zu achten. Denn: jedes bisle weniger „Kleingemache“ zahlt sich dicke aus. Entweder direkt, im Kontakt mit dem Gegenüber. Oder aber (was ich für fast noch wichtiger erachte) in mir selbst, im wohlgerühmten Mindset.
Bin ganz bei dir, Elke! Ich prüfe auch, was ich sage/schreibe. Als Engländerin habe ich in Deutschland gelernt, dass ich hier mit meinen höflichen „I think“ und „it seems“ usw nicht immer ernst genommen wurde. Da liegt es am Kulturunterschied, aber Frauen tendieren auch eher dazu, abzuschwächen und zu verkleinern. Lass uns alle aufeinander aufpassen, damit wir uns nicht kleiner machen, als wir sind 🙂
Grandios! Sehr weise Worte, die du da schreibst. Eine Art Aufpasser, der auch mich ab und an drauf hinweist, wenn ich mich zu klein mache, täte mir gut. 😉 Es ist für mich als Einzelkämpfer an vielen Fronten gleichzeitig etwas schwierig. Aber schon deine Hinweise werden mir helfen, zukünftig besser darauf und auf mich und meine Wirkung zu achten – versprochen …
Manuela, mir geht’s da nicht viel anders, aber seit ich diese sprachlichen Feinheiten bewusster wahrnehme, merke ich tatsächlich, dass es einen Unterschied macht. Probier’s mal aus – und berichte gerne, ich bin gespannt! 🙂
Liebe Elke, SEHR spannend, dieser Bericht über Deinen Selbstversuch, danke! Und natürlich auch gaz vielen Dank für die Erwählung unseres Artikels.
Diese Eigen-Kleinmacherei ist eine wirklich überwiegend weibliche Angewohnheit, und eine, in der Petra und ich in unseren Seminaren und Coachings sehr viel konfrontiert sind. Obwohl (oder vermutlich eher weil) der Großteil davon unbewusst geschieht, auf bloßer (anerzogener, abgeschauter) Gewohnheit beruht, sind die Auswirkungen massiv: darauf, wie andere uns einschätzen, aber auch auf unser Selbstvertrauen und das, was wir selbst uns zutrauen.
Und, was ich gerne noch ergänzen würde: Wir machen das nicht nur mit Redewendungen bzw. verbaler Kommunikation, sondern auch über Körpersprache, darüber, wie viel Raum wir einnehmen, ob wir beim Zuhören den Kopf schieflegen, wann wir Augenkontakt halten, wie laut wir sprechen etc. – as mich am meisten dabei beeindruckt ist wie sehr sich das auf einen selbt auswirkt – UND dann auch auf die Sprache, die leicht möglich ist. Erst letzten Freitag meinte eine Coachingkundin zu einer (recht harmlosen, aber) notwendigen Abgrenzung: „So etwas kann ich doch nicht sagen, das würde sich völlig fremd und gekünstelt anfühlen“. Wir haben an Sitzhaltung und anderen nonverbalen Zeichen gearbeitet und die Situation durchgespielt – und der Satz kam ganz von selbst aus ihr heraus, und hat sich für sie auch nicht mehr gekünstelt angespürt. – Oh, ich glaub das wird ein eigener Blogartikel 🙂
Zum ausprobieren:
1. In einem Gespräch bewusst wenig Raum einnehmen, leise sprechen, viel nicken und lächeln – und aufschreiben wie es sich angefühlt hat und wie es verlaufen ist. DANN:
2. in einem vergleichbaren Gepräch bewusst „aufrecht-entspannt“ sitzen, viel Raum nehem (zb. Arme auf die Nachbarsessel, die eigenen Sachen am Tisch ausbreiten, Sessel etwas vom Tisch wegrücken etc.), wenig nicken und lächeln (nur wenn man damit wirklich etwas ausdrücken will und nicht aus Höflichkeit), sich Zeit nehmen für die eigenen Aussagen, laut und mit fester Stimme sprechen. Und danach wieder aufschreiben, wie es sich angefühlt hat und wie das Gespräch verlaufen ist.
Vielen Dank für die Lorbeeren und die tollen Tipps, liebe Stella! Siehst du, an die Körpersprache hab ich noch gar nicht gedacht. Aber ich werde deine Tipps mal ausprobieren und bin sehr gespannt! 🙂
Passend dazu: Ich erinnere mich grade an die Aussage einer Kommilitonin im ersten Semester, die meinte: „Du läufst immer mit gesenktem Kopf und eingezogenen Schultern, man nimmt dich fast nicht wahr.“ Und wenn ich so zurückdenke an diese Zeit, dann wollte ich damals auch gar nicht wahrgenommen worden. Als es von meiner kleinen Schul-Welt in die große Uni-Welt ging, da war ich dermaßen eingeschüchtert von all den unglaublich schlauen Leuten und habe mich ständig gefragt, was ich kleines Dummerle da eigentlich soll. Genau das hat sich auch in meiner Körperhaltung, in meiner Art mich zu geben, widergespiegelt. Ich bin mir sicher, von den Leuten aus dem ersten Semester wird sich fast keiner an mich erinnern. Heute gibt’s schon auch noch solche Tage (die haben wir vermutlich alle), aber meistens gehe ich doch mit erhobenem Kopf durch die Welt.
GENAU SO IST ES!
Merci!
Und Glückwunsch…. keine falsche Scheu haben zu sagen das man das was man kann auch gut macht 😉 BRAVO!
Liebe Elke, herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag! Recht hast Du! Ich werde künftig auch vermehrt darauf achten, noch klarer zu kommunizieren! Liebe Grüße, Christina
Liebe Elke, was die Wörter „bisschen“ und „vielleicht“ anbelangt, da bin ich schon ewig Fan davon, wahrscheinlich seit ich mal aufgeschnappt hatte, dass Mozart Verniedlichungen wohl mochte und deshalb auch seine Nachtmusik „Eine kleine Nachtmusik“ nannte. Ich nutze diese Lieblingswörter indes hauptsächlich augenzwinkernd. In dem Kontext, den du ansprichst, ist es wohl tatsächlich besser, nicht zu zwinkern.
Was das, „würde“ und „könnte“ angeht, da bin ich ganz bei dir. Auch ich würde mich nicht über Antwort freuen, ich freue mich. Und wenn, dann könnte oder würde ich nicht helfen, sondern ich helfe. Das Wort „man“ mag ich überhaupt nicht und es wird sooo inflationär verwendet heutzutage, dass es mir echt weh tut. Dem Wort werde ich deshalb auch einen Artikel beim Start meiner HP widmen.
Mit der Frau/Mann Geschichte, da bin ich wohl ein Sonderfall. Ich respektiere Frauen im Grunde mehr als Männer, meine beste Freundin sagte gar mal, dass ich Männer überhaupt nicht leiden kann, was aber Quatsch ist. Auf jeden Fall gibt es bei mir nicht Wir Männer und Ihr Frauen. Wenn ich gemeinsam mit fünf Männern bin, dann bin ich gemeinsam mit fünf Menschen, ebenso bei Frauen. Na ja, vielleicht fühle ich mich mit den Mädels ein bisschen wohler, aber wirklich nur vielleicht. 😉
Dann noch zu dem Tussy Begriff. Davon in deinem Fall abzurücken war auf jeden Fall mehr als richtig. Aus den Gründen, die du nanntest, vor allem jedoch, weil gerade du von einer Tussy weiter weg bist als der Pluto vom Merkur.
Grüßle
„Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken“ dieses Zitat von S. Johnson begleitet mich schon ein paar Jahre. Und es drückt aus, dass, so wie ich von mir denke, ebenso über mich spreche. Diese kleinen, scheinbar unbedeutender Wörter zeigen wie ich mich wertschätze, mir und meinen Fähigkeiten vertraue – wie ich über mich denke.
Dein Alltagsexperiment finde ich sehr spannend und nachahmenswert.
Mit sonnigen Grüßen
Jana