Über falsche Versprechen, Buzzwords und Authentizität

von | 30. Mai 2016 | Bloggen, Gedanken, Schreiben, Text

Bei der Diskussion um Original und Kopie in den letzten Tagen tauchte immer wieder ein Stichwort auf: Authentizität. Und das wiederum ist ein Thema, das mich in letzter Zeit auch immer wieder beschäftigt. Bei der Vielzahl an Angeboten und Optionen, die tagtäglich auf uns einströmen, egal in welchem Bereich, ist es für den Nutzer oder Verbraucher unmöglich, den Überblick zu behalten. 

Deshalb sehe ich Authentizität auch als DIE Eigenschaft an, ohne die man als Freelancer oder Unternehmer schlicht keine Chance hat, zumindest, wenn man nicht oder nicht nur lokal tätig ist. Für den Elektriker nebenan mag es nicht ganz so wichtig sein, für mich – und vermutlich auch für dich – aber schon.

Wie du garantiert erfolgreich wirst – oder auch nicht

Allerdings sehe ich auch eine gewisse Zwickmühle darin. Aber lass mich dazu ein bisschen ausholen. Wenn man sich so durch die zahlreichen Tipps, Tricks, Anleitungen, Werbeanzeigen und Verkaufsseiten im Internet wühlt, stolpert man immer wieder über angebliche Patentrezepte oder wenn’s ums Schreiben geht beispielsweise um Listen mit Wörtern, die man nutzen soll, weil man mit ihnen garantiert verkauft, garantiert erfolgreich ist, garantiert innerhalb kürzester Zeit eine fünfstellige Summe im Monat verdient.

Erst kürzlich habe ich gelesen – es ging ums Thema E-Mail-Marketing: „Einfach diesen Text kopieren und loslegen“. Dabei drängt sich mir die Frage auf: Wo bleibt denn da die Authentizität, die Originalität? Versteh mich nicht falsch, mir ist klar, dass es bestimmte Reizwörter gibt, auf die wir besonders reagieren, und dass es natürlich sinnvoll ist, diese Wörter auch zu benutzen, ihr Potential nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.

Schema F oder Authentizität?

Aber am Ende klingen wir dann alle nach BuzzFeed oder Heftig.co – für alle, die diese Portale nicht kennen, hinterlasse ich unten noch entsprechende Links (nicht zu den Seiten, die möchte ich nun wirklich nicht unterstützen, sondern zu Artikeln, in denen darüber berichtet wird). Also alle Texte irgendwie gleich, nach Schema F aufgebaut und wenn man sie liest, ist man meistens enttäuscht, weil in einer reißerischen Überschrift das Blaue vom Himmel versprochen und neugierig gemacht wird, der Text die Versprechen aber in den seltensten Fällen halten kann. (Bzw. stolpert man über seine eigenen Erwartungen und ist dann eben enttäuscht, wenn es im Text um etwas völlig Banales geht.)

Bäh, wie langweilig! Und ärgerlich obendrein, für den Leser. Aber erfolgreich. Manchmal, wenn ich an einem Text für einen Kunden sitze, zum Beispiel für eine Landingpage, dann überkommen mich Zweifel. Ich weiß, wie ich formulieren muss, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu bekommen, die Leser neugierig zu machen und ihnen in großen, blumigen Worten etwas zu verkaufen. Aber ich weiß auch, dass es eben zigtausende anderer Landingpages gibt, die mehr oder weniger das Gleiche versprechen und verkaufen.

Erfolgreich sollst du sein – und einzigartig!

Da sitze ich dann mit meinem Dilemma. Natürlich will ich, dass mein Kunde verkauft und erfolgreich ist. Aber ich möchte eben auch, dass er zeigt, wie einzigartig er und sein Produkt oder seine Dienstleistung sind. Ich möchte ihn so authentisch wie möglich zeigen, seine Besonderheiten hervorheben. Und das kann man eben nicht mit Buzzwords, zumindest nicht, wenn die Buzzword-Dichte höher ist als der IQ eines Butterbrots, ohne jetzt das Butterbrot beleidigen zu wollen.
Es ist also – wie so oft – eine echte Gratwanderung. Man möchte wahrgenommen werden, sichtbar sein, bekannt. Man möchte, dass das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung gekauft und gebucht werden, man möchte in Erinnerung bleiben. Aber der Preis dafür sollte nie sein, dass man seine Authentizität dafür aufgibt, man sollte immer unverwechselbar bleiben.

Unicorn schlägt Copycat

Genau darauf möchte ich hinaus. Ich möchte dich sensibilisieren dafür, dass du authentisch bleibst, ehrlich, unverwechselbar, einmalig, individuell. Oder wie es Iris Seng von Charismatic Female Leadership in einer Diskussion neulich ganz wunderbar auf den Punkt gebracht hat: „Unicorn schlägt Copycat“ – exakt! Denn natürlich könntest du dir einfach anschauen, wie erfolgreiche Unternehmer (manchmal sind es auch scheinbar erfolgreiche Unternehmer) für ihr Produkt, ihre Dienstleistung, ihr Buch, ihr Webinar oder ihren Newsletter werben und das dann mit kleinen Änderungen und Anpassungen abschreiben. Aber mal davon abgesehen, dass wir da wieder beim Klauen wären und dass das nicht richtig ist (weder moralisch noch rechtlich), geht dabei deine eigene Einzigartigkeit total flöten.

Versprich nie mehr, als du halten kannst!

Das heißt nicht, dass du in Zukunft komplett auf Reizwörter verzichten sollst, die häufig verwendet werden, weil sie funktionieren. Das wäre Blödsinn. Aber setze sie mit Maß und Ziel ein und vor allem: Verspreche nie mehr, als du halten kannst. Wenn du in einer Überschrift Großartiges versprichst, dann musst du im Artikel auch Großartiges bieten. Wenn du auf einer Landingpage damit wirbst, dass du eine einfache Methode für XYZ hast, dann muss die Methode, die du im Webinar oder Kurs zeigst, auch wirklich einfach sein. Du verstehst, was ich meine?

Geh deinen eigenen Weg – auch beim Wording

Finde dein eigenes Wording, deine eigene Art und Weise, dich auszudrücken. In allen deinen Texten, egal ob auf der Website, in Blog-Artikeln, auf Landingpages, in E-Mails – wo auch immer – darfst, nein: musst du zu sehen und zu spüren sein. Deine Persönlichkeit, deine Individualität, deine Einzigartigkeit. Denn genau das ist es letzten Endes, warum deine Kunden zu dir kommen: Nicht, weil dein Produkt so gut ist, davon gibt es zig andere. Nicht, weil deine Dienstleistung die einzige ist, die es in dieser Art und Weise gibt, auch davon gibt es meistens mehr als genug andere. Sondern, weil sie dich mögen und toll finden, deine Art, deine Persönlichkeit.

(Bildquelle: GraphicsFuel)

Weiterführende Links:

Rhein Zeitung: Die mysteriöseste Seite des Internets: Was ich gefunden habe, ist heftig und macht mich wütend

Wirtschaftswoche: Wer hinter heftig.co steckt, wird Sie überraschen

Wikipedia: Buzzfeed

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