Was ist nur mit dem Internet los? Ein Plädoyer für mehr Liebe und Einhornglitzer im Netz

von | 6. Feb 2018 | Gedanken, Social Media

Heute muss ich mal ein Thema ansprechen, das mich seit einiger Zeit sehr beschäftigt, traurig und manchmal auch richtig wütend macht: Der Ton im Netz. Der wird immer rauer, Hasskommentare gehören für manche zum guten Ton, und das bereitet mir Sorge. Vor allem in einer Zeit, in der ein bisschen mehr Liebe, Verständnis, Toleranz und Rücksichtnahme angebracht wäre. 

So erlebt beispielsweise der Journalist Richard Gutjahr das Internet seit einiger Zeit von seiner schlechtesten und schlimmsten Seite. Im Sommer 2016 war er mit seiner Familie in Nizza im Urlaub. Dort musste er den Terrorakt beobachten, bei dem ein LKW in die Menschenmenge raste und 86 Todesopfer forderte. Er berichtete daraufhin für die ARD über den Vorfall – klar, er war ja ohnehin vor Ort und er ist Journalist.

Vorlage für Verschwörungstheoretiker

Acht Tage später war er einer der ersten, die beim Amoklauf im Münchner Olympiazentrum vor Ort waren und berichteten. Auch klar, immerhin arbeitet er für den Bayerischen Rundfunk. Dennoch boten diese beiden Tatsachen, gepaart mit der Tatsache, dass seine Frau Jüdin ist und eine Weile in Israel im Parlament saß, Anlass für Verschwörungstheorien. Seither wird Gutjahr im Netz, vor allem auf YouTube, unter Beschuss genommen. Kommentare wie „Er ist ein dreckiger Hund“ gehören da noch zu den harmloseren. Wenn du mehr über die ganze Geschichte wissen möchtest, findest du am Ende des Artikels noch einige weiterführende Links.

Ich hab da mal ne Frage…

Ein zweites Beispiel, deutlich harmloser, aber trotzdem nicht schön: Eine Neu-Bloggerin stellt in einer Blogger-Gruppe auf Facebook eine Frage. Sie hat zwar hilfreiche Antworten bekommen, es waren aber auch Kommentare dabei, bei denen ich zumindest schlucken musste. Kein Kommentar war hasserfüllt, aber eben mit einem Unterton, den ich grenzwertig fand. Wenn jemand schon schreibt „das ist mein erster Blog“, dann sollte man demjenigen doch auch zugestehen, dass er noch nicht alles weiß, was man beachten muss!

Klar sollte man sich informieren, und klar wird „ich hab das nicht gewusst“ vor Gericht nicht als Argument gelten. Aber genau deshalb fragte die Dame ja in der Gruppe nach. Leider habe ich die Diskussion erst gesehen, als dort schon einige Stunden Ruhe eingekehrt war, sonst hätte ich mir einen Kommentar an den rauh Kommentierenden nicht verkneifen können: Schau doch bitte mal über den eigenen Tellerrand raus! Überleg dir, wie es war, als du angefangen hast mit Bloggen – hast du alles gewusst? Hast du nicht auch mal was gefragt? Und wenn nicht, wie oft bist du selbst auf die Schnauze gefallen?

Beleidigungen werden nicht mehr als solche erkannt

Und noch ein Beispiel, diesmal aus dem privaten Umfeld: Ich bin seit ein paar Wochen Moderatorin in einer Facebook-Gruppe zu einem Computerspiel. Einfach, weil ich Bock darauf hatte und die Admins grade Moderatoren gesucht haben, um die anfallende Arbeit besser aufzuteilen. Dort fällt mir der raue Umgangston ebenfalls auf. Nicht mehr als anderswo auf Facebook, aber er ist eben auch manchmal gegenwärtig.

Was mir aber richtig sauer aufstößt: Da werden Leute beleidigt, und wenn man die Schreiber dann darauf hinweist, dass das gegen die Gruppenregeln verstößt, dann sehen sie die eigene Beleidigung nicht einmal. Da schreibt einer einem anderen, er sei ein – verzeih das Wort, ich zitiere: „Hurensohn“. Und fragt hinterher, was daran beleidigend gewesen sein soll. Das sind Momente, in denen ich nicht weiß, ob ich lachen oder heulen soll. Du weißt schon, dieses total irre Lachen, das man hat, wenn etwas so unglaublich surreal scheint, dass man denkt, es ist nur ein Traum.

Für mehr Liebe und Harmonie im Internet

Ich weiß, du bist nicht so – und das meine ich jetzt frei jeglicher Ironie! Meinen Lesern traue ich das einfach nicht zu. Ihr seid reflektiert, gut erzogen und habt Anstand. Ihr könnt kritisieren, ohne dabei unter die Gürtellinie zu gehen. Ihr tragt Liebe und Harmonie in die Welt, keine Hasskommentare. Warum also dieser Artikel? Zum einen, weil ich mir das einfach mal von der Seele schreiben musste. Zum anderen, weil ich dich motivieren möchte, gegen den Hass anzugehen.

Dir fällt ein böser Kommentar auf? Suche das Gespräch mit dem Kommentierenden oder wenn’s ganz schlimm ist, melde den Kommentar. Weise den Kommentierenden darauf hin, dass man das auch anders sagen könnte. Du merkst bei jemandem, er ist verbittert und entsprechend fällt seine Kommunikation aus? Sprich denjenigen darauf an. Reden kann manchmal wahre Wunder helfen. Dir fällt jemand auf, der mit Verschwörungstheorien ums Eck kommt und Fake News mehr Glauben schenkt als der Tagesschau? Auch hier kann reden helfen. Der Schlüssel zu vielen Problemen unserer Welt ist Bildung. Und wenn Schule und Eltern in diesem Bereich versagt haben, dann heißt das nicht zwingend, dass Hopfen und Malz verloren sind. Wir haben immer noch die Möglichkeit, andere zur Vernunft zu bringen. Jeder Einzelne von uns!

Eine Patentlösung, wenn all das nichts hilft, habe ich auch noch nicht gefunden. Aber ich möchte einfach auf die Thematik aufmerksam machen. Und dich und alle anderen auffordern, mehr Liebe und Einhornglitzer in die Welt zu bringen. Sie hat es verdient. Wir alle haben es verdient!

 

Hier noch die versprochenen weiterführenden Links:

Unter Beschuss – Blog-Artikel von Richard Gutjahr

Hass im Netz – Und dann hatten sie seine Adresse

Berührendes No Mercy-Bekenntnis: Wie Richard Gutjahr gegen Fake News und Verschwörungstheoretiker ankämpft 

Social Media Hölle 

Gegen Hass im Netz – Was Richard Gutjahr vom NetzDG fordert

 

1 Kommentar

  1. Liebe Elke, danke für diesen liebevollen Aufruf: „Der Schlüssel zu vielen Problemen unserer Welt ist Bildung. Und wenn Schule und Eltern in diesem Bereich versagt haben, dann heißt das nicht zwingend, dass Hopfen und Malz verloren sind. Wir haben immer noch die Möglichkeit, andere zur Vernunft zu bringen. Jeder Einzelne von uns!“
    Ich bin auch zutiefst davon überzeugt, dass JEDER EINZELNE von uns IMMER etwas bewegen kann. Wie oft höre ich den Satz: „Was kann ich schon tun?“ oder auch „Was sagt man dazu!“ Sich dann jedoch nur kopfschüttelnd aus der Ver-ANTWORTung zu nehmen, ist nicht genug. Danke für diesen Beitrag und die spannenden Links. Liebe Grüße Silke

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