Rant: Warum mich falsch verstandene Emanzipation tierisch aufregt

von | 5. Dez 2016 | Sprache

Heute muss ich mal etwas Dampf ablassen. Normalerweise bin ich ein wirklich friedlicher Zeitgenosse, aber es gibt so Dinge, bei denen geht mir einfach die Hutschnur. Neulich las ich irgendwo im Internet “Liebe Mitgliederinnen,…” Hallo, geht’s noch? 

Versteh mich nicht falsch, ich bin natürlich für Gleichberechtigung, und auch der Feminismus ist an sich eine feine Sache. Was mir aber total gegen den Strich geht, ist diese falsch verstandene Emanzipation und der Pseudo-Feminismus. Statt sich auf solch bescheuerte und unnötige Anpassungen der Sprache zu stürzen, die an der Situation an sich rein gar nichts ändern und obendrein nicht einmal sprachlich korrekt sind, sollten wir unsere Energie doch lieber in Projekte stecken, mit denen man tatsächlich etwas ändern, verbessern kann.

Hört auf, unsere schöne Sprache zu vergewaltigen!

Wie gesagt bin ich normalerweise echt friedlich und sehr harmoniebedürftig. Aber bei “Mitgliederinnen”, da werd ich fuchsteufelswild! Wie kann man nur unsere schöne Sprache so vergewaltigen? Der Begriff ist schlicht falsch, das Wort gibt es so nämlich nicht – und ich möchte mich heute mit aller Vehemenz dafür einsetzen, dass das auch so bleibt. Denn Mitgliederinnen ist grammatikalisch schlicht nicht korrekt. Es heißt im Singular nämlich “das Mitglied”. Du verstehst? DAS! Also weder mit maskulinem, noch mit femininem Artikel. Neutrum also, geschlechtsneutral. Und deshalb ist es auch nicht korrekt, wenn man ausschließlich Frauen anspricht, den unsäglichen Begriff “Mitgliederinnen” zu benutzen.

Denn auch wenn man einen weiblichen Arzt Ärztin nennt, einen weiblichen Polizisten Polizistin, die weibliche Form in diesen wie in vielen anderen Fällen also durch Anhängen der Suffix -in gebildet wird – bei Mitglied ist das eben nicht der Fall. Die Anrede “Liebe Mitglieder” bezieht sich auf Männer und Frauen gleichermaßen. Und das bleibt auch so, wenn ausschließlich Frauen angesprochen werden sollen.

Seid doch mal ein bisschen kreativ!

Wen es stört, dass da nicht rauszulesen bzw. -hören ist, dass explizit Frauen angesprochen werden – obwohl das durch den Kontext eigentlich klar sein sollte, – aber wer das noch expliziter braucht, der muss sich eben eine andere Formulierung überlegen. “Liebe Damen”, “liebe Ladies”, was auch immer – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, außer die im eigenen Kopf! Aber lasst doch um Himmels Willen dieses unsägliche “Mitgliederinnen” weg!!! Mir stülpt sich bei diesem Begriff die Mageninnenwand nach außen! Und ich bin mir sicher, die meisten finden zumindest, dass es sich komisch anhört.

Gelebte Gleichberechtigung statt falsch verstandener Emanzipation

Gleichberechtigung entsteht nicht durch so einen Quatsch wie “Mitgliederinnen”, das ist lediglich falsch verstandene Emanzipation. Gleichberechtigung entsteht, wenn man sie lebt. Wenn wir Frauen alle zusammen an einem Strang ziehen und daran arbeiten, etwas zu ändern. Wenn die Männer sich nicht auf ihrer Position ausruhen, sondern in uns gleichberechtigte Partner sehen. In der Praxis, nicht in der Sprache. Wobei Sprache mit Sicherheit auch eine Rolle spielt, das will ich gar nicht verleugnen. Aber diese gottverdammten Mitgliederinnen spielen eben mit Sicherheit keine Rolle. Sie machen die Gleichberechtigung höchstens lächerlich!

So, jetzt atme ich tief durch und beruhige mich wieder. Ich denke, es ist angekommen, was ich sagen wollte: Spart euch die Energie für die “-innen” bei Mitglieder und steckt sie lieber in sinnvollere Dinge. Punkt!

2 Kommentare

  1. ohweh, das schmerzt ja heftig! Manchmal ist es wirklich eher Krampf als alles andere.
    Wir wurden beim Yoga mal gebeten, im Schneiderinnensitz Platz zu nehmen …
    Ich weiß nicht, ändern solche Formulierungen wirklich die Welt?

    Ich hoffe, Du hast Dich wieder beruhigt, Elke!

    Viele Grüße
    Eva

    Antworten
  2. Liebe Elke,

    jetzt habe ich endlich mal Zeit, diesen Artikel zu lesen und ich sage: verdammt Recht hast du! Und am meisten rege ich mich über folgenden Satz auf, den man so oder so ähnlich oft in Fußzeilen liest: „Aufgrund der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf die Verwendung von männlicher und weiblicher Schreibweise verzichtet. Es sollen jedoch beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen werden.“

    Ich danke dir, dass du das Thema hier mal so deutlich angesprochen hast!

    Liebe Grüße
    Carina

    Antworten

Trackbacks/Pingbacks

  1. Blog-Artikel-Arten: Der Rant – Lass mich, ich muss mich da reinsteigern! - Federführend Media - […] „schwach wie eine Flasche leer“? Auch das war ein Rant der feinsten Sorte. Natürlich hab ich auch schon einen…

Antworten auf Eva Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

federführend